The Magnificentvon Kristian Amundsen Østby und Eilif Svensson –erschienen bei Pegasus Spiele
Wem ging es anders? Ich hatte beim ersten Hörkontakt mit THE MAGNIFICENT überhaupt kein Bild vor Augen, was für ein Spiel mich dabei erwarten würde. Als ich dann die originale Cover-Illustration gesehen habe, war ich immer noch nicht schlauer, da ich dort lediglich fünf Lichtpunkte und einen schemenhaften Menschen erkennen konnte. Erst beim genaueren Hinsehen habe ich daraus einen Jongleur entschlüsselt. Aus diesem Grund ist die Wahl der neuen Cover-Illustration nachzuvollziehen, denn damit lässt sich bestimmt eher Interesse erzeugen – auch wenn man immer noch nicht weiß, wer oder was nun THE MAGNIFICENT ist.
Thema... Der Zirkus ist in der Stadt! Nun werden eifrig Plakate in der Stadt geklebt, auf denen die Künstler angepriesen werden. Ziel ist es dabei, dass viele Zuschauer in die Zelte strömen und wir eifrig Tickets verkaufen können. Ich kann mich noch ganz dunkel an die Fernsehserie Roncalli erinnern, die mir als Kind eindrücklich gezeigt hat, dass das Zirkusleben kein Zuckerschlecken ist. Da steckt einiges an Arbeit dahinter, was man hinter der glanzvollen Gestaltung gar nicht erwartet. Und mit diesem Wissen passt das Thema dann doch erstaunlich gut zu THE MAGNIFICENT.
Illustrationen... stammen von Martin Mottet – ein Name, den man sich merken muss. So lange ist er nämlich noch nicht mit der Gestaltung von Brettspielen beschäftigt. Aber ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft noch einige Arbeiten von ihm bewundern werden. Die Darstellungen der einzelnen Zirkus-Künstler sind jedenfalls beeindruckend, die vielen weiteren kleinen Details kommen allerdings aufgrund der geringen Größe der Komponenten kaum zu Geltung. Die Symbolsprache ich zwar eindeutig, aber aufgrund der schieren Fülle trotzdem schwer zu verinnerlichen. Insgesamt ist die Gestaltung recht düster, was ich aber als angenehm anders empfinde. Somit wird dem Spiel die Möglichkeit gegeben, einen eigenen Reiz zu entfalten.
Ausstattung... kommt mit einem besonderen Service daher: eine kleine Aufbewahrungsbox lächelt uns matt an, in die man gut Münzen, Edelsteine und Lagerplättchen in bekannt vorkommenden geometrischen Formen lagern kann. Damit hat man schon mal ein wenig Ordnung in der Schachtel geschaffen, die aber trotzdem noch mit Bedacht einzuräumen ist. Denn es müssen noch viele bunte Würfel, Direktoren- und Plakatkarten, kleine runde Zeltmarker, ovale Trainingsplättchen, Spielertableaus und Holzteile für die Mitspielenden gelagert werden. Natürlich dürfen auch kleine Zirkuswagen nicht fehlen, die allerdings nicht für den persönlichen Gebrauch sind, sondern auf den Spielplan gelegt werden.
Beim Material fällt übrigens gleich das Farbkonzept auf. Sowohl die Würfel, die Edelsteine, die Zirkuswagen und die Lagerplättchen kommen in den drei Farben grün, orange und lila daher – und stehen natürlich in direktem Bezug zueinander. Auch die Plakate sind auf der Vorderseiten diesen Farben zuzuordnen, wobei dabei sogar entsprechende Symbole noch helfen. Verloren bei diesem Konzept haben nur die Personen, die an einer Farbfehlsichtigkeit leiden und dann kaum Unterschiede erkennen können.
Ablauf... über drei Runden hinweg nimmt man sich nach und nach aus der offenen Auslage einen Würfel und führt dann eine Aktion durch (teilweise verbessert durch eine Hilfsaktion). Das macht man viermal pro Runde, so dass man insgesamt lediglich 12 Aktionen hat. Die eigentlichen Aktionen sind schnell vorgestellt: mal baut man den eigenen Festplatz mithilfe der Lagerplättchen aus, mal reist man mit dem Zirkuswagen auf drei Rondellen und auch das Auftreten vor dem Publikum sollte man natürlich nicht vergessen.
So weit, so übersichtlich. Allerdings sind die einzelnen Aktionen mit einem Rattenschwanz an Optionen, Boni und Bedingungen versehen, die einen unübersichtlichen Regelwust erzeugen. Das kann ich gut am Beispiel der Direktorenkarten erklären. Von diesen hat man vier in der eigenen Auslage und dort setzt man jeweils den genommenen Würfel drauf. Das hat einerseits zu Folge, dass man nun über Aktionspunkte (die Anleitung sagt Energie dazu) verfügt, die der Augenzahl des Würfels entspricht – allerdings bezieht man dabei auch schon ausliegende Würfel der gewählten Farbe ein. Liegt bei mir schon eine grüne 5 und nehme ich mir eine weitere grüne 3, dann verfüge ich über 8 Aktionspunkte. Diese Aktionspunkte kann man nun aber noch durch die Abgabe gleichfarbiger Edelsteine erhöhen. Zusätzlich erzeugt die Direktorenkarte aber noch einen kleinen Bonus aus einem Portfolio von 12 unterschiedlichen Modifikationen. Selbstredend gibt es für die farblosen Würfel noch eine kleine Sonderregel, da sie mal zum Würfelwert dazu gezählt werden (wenn sie aktiv sind) und mal nicht (wenn sie schon passiv liegen).
Dieses an für sich sehr reizvolle Prinzip der Würfelauswahl spitzt sich am Ende einer Runde zu. Denn dann muss man die höchste Summe an gleichfarbigen Augenzahlen mit Münzen bezahlen, wobei weiße Würfelaugen noch hinzugerechnet werden. Hat man sich in einer Runde also auf eine Farbe konzentriert, dann kann das teuer werden.
Wofür macht man das Ganze? Zur Abwechselung geht es auch bei THE MAGNIFICENT um Siegpunkte, die hier allerdings als verkaufte Tickets tituliert werden. Die meisten bekommt man über erfolgreiche Aufführungen, wofür man bestimmte Lagerplättchen in der eigenen Auslage vorweisen muss. Weitere Siegpunkte erhält man durch Zwischenwertungen am Rundenende, wofür man sich von einer Direktorenkarte trennen muss. Diese sind nämlich zusätzlich auch mit individuelle Wertungen ausgestattet. Damit man auch weiterhin vier Direktorenkarten zur Verfügung hat, nimmt man vor der Zwischenwertung aus einem gemeinsamen Pool eine fünfte auf. Die kommt übrigens zusammen mit einem individuellen Aktionsplättchen, das verstärkende Hilfsaktionen ermöglicht. Am Spielende darf man noch alle Direktorenkarten werten, wobei diese dann nur noch die Hälfte der Punkte ergeben. Zusätzlich bekommt man für einen gut gefüllten Festplatz ebenfalls Punkte.
Das gefällt mir nicht so gut: Wie man an meiner Beschreibung des Ablaufs erkennen kann, ist THE MAGNIFICENT durchsetzt von kleinteiligen Mechanismen. Der eigentliche klare Ablauf mit drei möglichen Aktionen wird durch die Vielzahl von Boni und zusätzlichen Anforderungen immer wieder unterbrochen. Das mag ein Fest für die Tüftler und Optimierer sein, ich selbst empfand das in der Gesamtmenge als störend und unausgegoren. Mit fehlt eine gewisse Eleganz! Das ist mir zu sehr ein zusammengebauter Wust, bei dem man sich fragt, warum denn nun auch noch dieses oder jenes Element eingefügt wurde. Für mich ist THE MAGNIFICENT somit auch kein Kennerspiel, wie es der Verlag angibt, sondern aufgrund der Kleinteiligkeit ein Expertenspiel. Allerdings eines, dass sich nicht wirklich festlegen kann, was es sein will. Ich habe dauernd das Gefühl, dass dem Spiel noch etwas mehr Entwicklungszeit gut getan hätte. Die unübersichtliche Vielzahl der ganzen Modifikationsmöglichkeiten auf den Karten und Trainingsplättchen ist ein gutes Beispiel dafür. Hätte man sich da nicht auf weniger einlassen können? So sorgt diese unüberschaubare Menge dafür, dass man dauernd zur Anleitung greifen muss. Für diese Eigenschaften wären bestimmt separate Übersichten von großem Vorteil, die allen Mitspielenden an die Hand gegeben werden sollten. Insgesamt empfinde ich THE MAGNIFICENT somit als überladen.
Hinzu kommt noch das abstruse Thema. Wenn dieses jedenfalls ansatzweise die Mechanismen erklären würde. So aber verkompliziert es alles. Aus Siegpunkten werden Ticketverkäufe, statt Aufträge nimmt man sich Plakate. Warum reise ich einerseits mit dem Zirkuswagen umher, baue aber beständig an einem festen Festplatz? Was hat dieser mit der Aufführung zu tun, wenn ich doch dann wiederum Zelte benötige (die ich noch gar nicht erklärt habe, weil auch diese nur ein zusätzliches Zahnrad darstellen)? Das Thema kommt somit nicht nur nicht bei den Spielenden an, sondern es sorgt für eine zusätzliche Kompliziertheit. Da gefällt mir das thematisch ähnlich gelagerte TRICKERION mit der ebenfalls vorhandenen Kleinteiligkeit deutlich besser, da dort das besondere Thema überzeugend in das Spielgeschehen eingebaut ist. So etwas schafft THE MAGNIFICENT nicht!
Zusätzlich gibt mir das Spiel dann noch nicht einmal die Freiheiten, die man aufgrund der Kompliziertheit und Verzahnung erwarten könnte. Aufgrund der begrenzten 12 Aktionen muss ich äußerst effizient spielen. Eine Bauaktion, bei der nur ein Lagerplättchen gebaut wird, sollte man vermeiden. Also benötigt man verstärkende Edelstein, wofür man zuerst Reisen muss. Die Abläufe, welche Aktionen man wann spielen muss, sind relativ vorgegeben. Man hat dabei nicht die Freiheit, einen Aspekt komplett auszulassen. Man muss bauen, um Aufführungen ausüben zu können. Man muss Aufführungen durchführen, weil nur über die finale Bauwertung bekommt man nicht genügend Punkte. Und für eine effiziente Aufführungen benötigt man auch Zelte, wofür man vorher wieder gereist sein muss (zumal man auch die Edelsteine benötigt). Von anderen Spielen dieser Komplexität kenne ich es, dass man verschiedene Wege erkunden kann. Bei THE MAGNIFICENT bewegt man sich aber immer im gleichen Korridor.
Am Ende ist man dann abhängig davon, wie gut die ausliegenden Plakate bzw. Direktoren zur eigenen Auslage passen. Kommen die richtigen Karten zur richtigen Zeit, kann man absahnen. Liegen die falschen Karten aus, dann fühlt man sich etwas ohnmächtig. Und da habe ich noch nicht einmal den Einfluss der Würfel mit einbezogen. Denn ein Plan kann noch so gut sein; wenn die Würfel ungünstig fallen, wird es frustig. Das ist mir in der Gesamtheit ein zu großer Glücksanteil für ein Spiel, dass dermaßen auf Effizienz ausgelegtist.
Das Farbkonzept ist in gewisser Weise gut durchdacht und erschafft auch einen eigenen Look. Aber für Farbfehlsichtige kann das enorme Probleme verursachen. Mit meiner gerne zu Hilfe genommenen Apphabe ich das wieder überprüft. Und siehe da: es gibt doch einigen Verbesserungsbedarf. So schön die Edelsteine auch sind, so hätte man deren Funktion doch besser über Plättchen mit Symbolen erklären sollen. Zumal sie auch thematisch fragwürdig sind, sollen sie doch Spezialeffekte darstellen. Das Aussuchen der Würfel stellt sich ähnlich problematisch dar. Aber selbst für Personen, die keine Probleme mit Farbschwächen haben, sind die farblosen Würfel ein Ärgernis. Denn weiße Punkte lassen sich schlecht auf farblosen Fläche erkennen. Insgesamt hat man das Gefühl, dass viel Wert auf eine einzigartige Gestaltung gelegt wurde. Nur hat man dabei leider nicht an die noch wichtigere Funktionalität gedacht.
Aufgrund der sich ändernden Rahmenbedingungen, kann man auch nur bedingt vorplanen. Man ist nun einmal davon abhängig, was die Mitspielenden so machen. Welche Würfel nehmen sie? Bewegen sie eine Kutsche? Schnappen sie mir ein Aufführungsfeld weg? Aus diesem Grund kann THE MAGNIFICENT mit vielen Mitspielenden seine Längen haben. Aufgrund der notwendigen Effizienz ist auch die Gefahr der Analyse-Paralyse sehr groß. Somit wäre THE MAGNIFICENT ein gutes 2‑Personenspiel, wenn es dann noch einen Mechanismus gäbe, der den Kartendurchsatz bei den Plakaten erhöht. Denn dort passiert im 2‑Personen-Spiel zuwenig.
Ein paar Worte noch zu der Anleitung: als Besitzer der Erstauflage hatte man Pech! Denn dort war die Anleitung mit Fehlern überhäuft, wie man es heutzutage selten erlebt. Ich kann mir dabei nur vorstellen, dass eine falsche Datei in den Druck ging. Beispielsweise wird – löblich – aufgezeigt, wie man am besten den Sortiereinsatz bestückt. Nur leider zeigt die Anleitung eine völlig falsche Abbildung, nach der das überhaupt nicht funktioniert. Da fühlt man sich im ersten Moment ganz schön blöd, weil man den Fehler bei sich sucht. Aber Fehler passieren und glücklicherweise hat der Verlag schnell reagiert. Die korrigierte Regel gibt es online und ich gehe auch fest davon aus, dass die weiteren Auflagen dieses Problem nicht mehrhaben.
Das gefällt mir gut: Ganz allgemein mag ich den Dice-Placement-Mechanismus sehr. Denn dieser schafft immer eine besondere Atmosphäre, da nicht wirklich alles planbar ist. So gefällt mir auch der Kern-Mechanismus von THE MAGNIFICENT sehr gut. Da ist immer dieses Abwägen, ob man es sich leisten kann, sich auf eine Farbe konzentrieren zu können. Und wenn man das nicht macht, dann versucht man natürlich alle Farben etwa in der gleichen Bandbreite zu besitzen. Aufgrund des recht üppigen Würfelpools hat man dabei nicht das Gefühl, dass man als Letzter der Rangfolge keine Auswahl mehr hat. Manche mögen diesen fehlenden Druck vielleicht bemängeln, ich empfinde das aber als wohltuend. Denn ein solcher Druck besteht schon bei der Aufführungsleiste im klassischen Worker-Placement-Stil. Den benötige ich somit also nicht noch an anderer Stelle.
Als sehr schönes Element empfinde ich auch die Zweiteilung der Direktorenkarten. Dabei korrespondiert die Art der Wertung mit der Stärke des Bonus. Mache Karten kann man somit leicht und schnell zu Punkten machen – verliert dann aber einen starken Bonus, den man eigentlich behalten will. Also doch lieber eine Direktorenkarte werten, für die man erst am Ende dick Punkte bekommt und nur einen schwachen Bonus besitzt?
Am besten gefällt mir THE MAGNIFICENT tatsächlich als Solo-Spiel. Auch wenn es nur darum geht, möglichst viele Siegpunkte zu erzielen, ist das Spiel aufgrund der vielen Stellschrauben durchaus fordernd. Sitzt man alleine am Tisch kann man auch richtig schön grübeln und knobeln, wie man denn nun optimalerweise die Würfel einsetzt. Das etwas destruktive Element der Mitspielenden fällt weg und außerdem hat man nicht die Angst, durch übermäßiges Grübeln die anderen zu langweilen. So kommt man bei 20 bis 30 Minuten Spielzeit einiges geboten. Und lief es etwas unglücklich, weil zu wenig Kartendurchsatz war, dann fängt man eben schnell eine neue Rundean.
Fazit: Leider verliert sich THE MAGNIFICENT in seinem kleinteiligen Mechanismen-Wust. Statt sich auf den interessanten Kern-Mechanismus zu verlassen, wurden zu viele unnötige Stellschrauben hinzugefügt, die mir das Spiel verleidet haben. Das aufgesetzte Thema hilft dabei leider nicht, diese Stellschrauben anschaulich zu erklären, so dass ich in Zukunft Abstand von diesem Zirkusgeschehen halten werde. Aber schön ist es zumindest.
Titel | The Magnificent |
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Autor | Kristian Amundsen Østby und Eilif Svensson |
Illustrationen | Martin Mottet |
Dauer | 30 Minuten pro Person |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | barockeExpertenspielrunden |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Dice-Placement Eilif Svensson Expertenspiel Kristian Amundsen Østby kritisch gespielt Martin Mottet Pegasus Polyomino Puzzle